Prunk-Reliquiar des Louvre stammt wohl aus Hildesheim

Eine Tagung des Kunsthistorischen Instituts der Uni Kiel fand in der Dombibliothek und im Dommuseum Hildesheim statt. Dabei ging es um ein Kunstwerk aus dem Pariser Louvre: das Welandus-/Heinrichsreliquiar.

Mit ganz unterschiedlichen Methoden wird heute die Erforschung historischer Kunstwerke vorangetrieben. Klassische Beobachtung am Objekt und Quellenstudium stehen neben modernsten naturwissenschaftlichen Analysen der Materialzusammensetzung und Herstellungstechnik. Eines der prominentesten Stücke aus der Abteilung für mittelalterliche Kunst im Pariser Louvre, das sog, Heinrichsreliquiar, stand im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Tagung, die Historiker, Kunsthistoriker und Naturwissenschaftler in Hildesheim zusammenführte.

Am 17. und 18. Februar diskutierten gut 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern im Rahmen eines Studientages an der Hildesheimer Dombibliothek Fragen der Herkunft, Herstellung und Datierung des Reliquiars Kaiser Heinrichs II. Dieses befand sich ehemals in der Privatsammlung des Hildesheimer Advokaten Franz Engelke und wurde im Jahr 1858 durch den Pariser Louvre angekauft.

Mit interdisziplinären Methoden wurden etwa die Stiftungsumstände dieses Schatzstückes, seine kürzlich zugänglich gemachten Reliquien- und Textilinhalte sowie die Inschriften, die auch den mittelalterlichen Stifter benennen, untersucht.

Zum anderen widmeten sich Naturwissenschaftler des Rathgen-Forschungs-Labors Berlin, des Kunstgewerbemuseums Berlin, der Universität Hannover und des Analyse-Instituts am Pariser Louvre der Frage, ob sich für die mittelalterlichen Emailobjekte der gesamten Werkgruppe spezifische naturwissenschaftlich-technologisch Charakteristika nachweisen lassen, die zum Beispiel Rückschlüsse auf die damaligen Handelsbedingungen erlauben.

Die interdisziplinären historischen, kunsthistorischen und technischen Untersuchungen erlauben es nun erstmals, mit großer Wahrscheinlichkeit den Stifter Welandus als Benediktinermönch des Michaeliskloster zu identifizieren und eine Herstellung vor Ort in Hildesheim wahrscheinlich zu machen.

Über die neuen Erkenntnisse zum Objekt hinaus machte die Tagung aber erneut deutlich, dass die naturwissenschaftlichen Untersuchungen keineswegs die klassischen Forschungsmethoden ersetzen, sondern ihrerseits  interpretiert und eingeordnet werden müssen. Es stehen sich eben nicht objektive Naturwissenschaft und subjektive Geisteswissenschaft gegenüber, sondern verschiedene Beobachtungsansätze und -methoden ermöglichen gemeinsam ein neues Gesamtbild.

Das Heinrichsreliquiars ist jetzt gut begründet mit „Hildesheim“ als Entstehungslabel versehen und wird so demnächst in der Dependence des Louvre in Abu Dhabi präsentiert, ein Botschafter nicht nur des berühmten Pariser Museums, sondern auch der reichen Hildesheimer Kulturtradition.

Das Fachgespräch fand im Rahmen des BMBF-Forschungsprojekts „Innovation und Tradition - Objekte und Eliten in Hildesheim 1130-1250“  statt. Gefördert wurde die Tagung durch die Stiftung Niedersachsen.