Hildesheimer Domschatz gehört zum UNESCO-Welterbe

Über Jahrhunderte ist der Hildesheimer Domschatz zusammengetragen worden. Seit 1985 gehört er zum Hildesheimer UNESCO-Welterbe.

Der Epiphaniusschrein im Hildesheimer Dom.

Die geläufige Bezeichnung des goldenen Ehrensarges als Schrein des hl. Epiphanius ist insofern irreführend, da dieser Schrein nicht für die Gebeine des heiligen Bischofs geschaffen wurde, sondern auch die Reliquien weiterer Hildesheimer Dompatrone enthält.

Ihrer Formensprache nach ist die "Große Goldene Madonna" in der Zeit Bischof Bernwards entstanden, wahrscheinlich als Teil der überlieferten Neuausstattung, die Bernward seiner Kathedralkirche gestiftet hat.

Das Kopfreliquiar des hl. Oswald

Das Kopfreliquiar des hl. Oswald ist in Form eines achteckigen Zentralbaus gestaltet und verweist mit seiner Inschrift darauf, dass es den Kopf des heiligen Oswald enthält.

Das Gründungsreliquiar des Bistums Hildesheim.

Das Gründungsreliquiar ist das Herzstück des Hildesheimer Domschatzes. Seit Jahrhunderten wird es mit der Gründungslegende des Bistums in Verbindung gebracht.

Das sogenannte "Keilförmige Reliquiar".

Das sogenannte "Keilförmige Reliquiar" stammt vermutlich aus der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts. Verzeichnet sind Reliquien der Gottesmutter, der Heiligen Cosmas und Damian, der Märtyrer Cantius und Pancratius und des hl. Bischofs Ansbertus.

Das Große Scheibenkreuz.

Der Hildesheimer Domschatz besitzt insgesamt drei Scheibenkreuze, die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden sind. Gestalterische Unterschiede legen nah, dass sie nicht gleichzeitig und damit auch nicht von Anfang an als Gegenstücke geschaffen worden sind. Dieses Bild zeigt das Große Scheibenkreuz.

Das Dreikönigsreliquiar.

Das Dreikönigsreliquiar umschließt drei Finger der Heiligen Drei Könige. Die Reliquien wurden von dem 1167 in Rom verstorbenen Kölner Erzbischof Rainald von Dassel dem Domkapitel geschenkt.

Das Reliquiar der Dompatrone.

Das Reliquiar der Dompatrone geht auf eine Stiftung des Domkapitular Lippold von Steinberg zurück.

Der Godehardschrein.

Der wie ein prächtiger Palast gestaltete Godehardschrein ist um 1140 entstanden und gehört zu den ältesten erhaltenen Reliquienschreinen des Mittelalters.

Das Kokosnussreliquiar.

Das vermutlich in Paris hergestellte Kokosnussreliquiar mit der bekrönenden Figur des Hl. Andreas stammt aus der Hildesheimer Stiftskirche Heilig Kreuz.

Das Silberne Bernwardkreuz.

Bischof Bernward stiftete das Silberne Bernwardkreuz vermutlich für St. Michael. Es handelt sich um eines der ältesten Altarkreuze des Mittelalters, welches zudem in einem Hohlraum Reliquien birgt.

Angefangen hat es vor 1200 Jahren mit einem Wunder, dem auch das Bistum Hildesheim seine Entstehung verdankt: Der Legende nach soll im Jahr 815 ein Reliquienwunder Kaiser Ludwig den Frommen dazu veranlasst haben, am Ort des heutigen Domhofes eine Marienkapelle zu errichten. Auf dieser gründete dann der erste Dombau im Jahr 872 durch Bischof Altfrid.

Im sogenannten Altfrid-Dom nun gab es eine eigene Schatzkammer, in der die kostbaren Altargeräte, Messgewänder und liturgischen Bücher aufbewahrt wurden. Von der Existenz dieser Kammer wird in den Hildesheimer Annalen im Zusammenhang mit einem Feuer im Jahr 1013 berichtet. Zwar habe der Brand rasch gelöscht werden können, doch seien ihm wertvolle Ausstattungsstücke für den Gottesdienst und eine unübersehbar große Zahl von Handschriften zum Opfer gefallen.

Das zeitgenössische Widmungsbild in der Evangelienhandschrift, die Bischof Bernward für den Marienaltar der Michaeliskirche gestiftet hat.Möglicherweise gab dieses Feuer dem damals regierenden Bischof Bernward Anlass, seine Kathedrale „in wunderbarer Schönheit zu verschönern“, wie sein Biograph, der Domkanoniker Thangmar, überliefert hat. Thangmar berichtet von kostbaren Evangelienbüchern, „die von Gold und Edelstein prangten“, von Rauchfässern mit „bedeutendem Wert und Gewicht" sowie von mehreren kunstvollen Kelchen aus Onyx, Kristall und purem Gold. Auch Bernward selbst rühmte sich seiner reichen Stiftungen und erwähnt goldene Kronen, Kelche, Leuchter, Decken und Ornate. Von den reichen Stiftungen Bernwards an den Dom ist allerdings neben der berühmten Bronzetür nur die sogenannte Große Goldene Madonna erhalten geblieben, die bis heute ein Zeugnis romanischer Kunst ist.

Der Altfrid-Dom wurde am 23. März 1046 bei einer Feuersbrunst schwer beschädigt. Allem Anschein nach konnten allerdings wesentliche Teile des Kirchenschatzes und vor allem die Reliquien gerettet werden. Die Schäden am Dom waren so schwerwiegend, dass Bischof Azelin ihn zugunsten eines nach Westen erweiterten Neubaus aufgeben wollte. Doch das Unterfangen misslang. Azelins Nachfolger Hezilo ließ den Dom daher in seinen alten Grundmaßen wieder herstellen. Bei der Neuweihe ließ Hezilo einen Teil des Domschatzes im Inneren des neuen Hochaltars niederlegen, der bis zu nochmaligen Zerstörung des Doms am 22. März 1945 erhalten blieb und erst beim Abräumen der Schuttmassen beseitigt wurde, ohne dass man um sein Alter gewusst hätte. Glücklicherweise konnten damals zwei große Kisten voller Reliquien geborgen werden.

Im 12. Jahrhundert waren die bis dahin in der Krypta verborgenen Reliquien der ältesten Dompatrone in einen neuen goldenen Schrein übertragen worden, den man wie ein Retabel hinter dem Hochaltar platzierte. An Festtagen wurden weitere Reliquienbehälter dazu gestellt. Im Mittelalter war der Domraum deshalb zusätzlich durch ein Gitter gesichert, dessen Türen nach Bedarf geschlossen werden konnten. Zur sicheren Verwahrung unter anderem der beweglichen Zimelien dienten zwei Schatzkammern, die bis ins 19. Jahrhundert als solche genutzt wurden. Eine lag auf der Südseite des Chores, die andere, deutlich kleinere war auf der Nordseite gelegen. In diesen Schatzkammern wurden Reliquien und insbesondere jene Stücke des Kirchenschatzes aufbewahrt, die nur zu besonderen Anlässen zur Verehrung auf den Hochaltar gestellt wurden. Dazu gehörten zum Beispiel das Kopfreliquiar des hl. Oswald und die Große Goldene Madonna.

In den mittelalterlichen Kostbarkeiten des Domschatzes sah man in der Barockzeit geradezu die Identität des Bistums verkörpert. Der Domschatz wurde zum bewunderten Altertum, wie eindrucksvoll in einer Serie von Kupferstichen dokumentiert ist, deren Titelblatt die Aufschrift "Gloriosa Antiquitas Hildesina" trägt. Offenbar hat das Domkapitel seine Schätze auch gezielt in das Besuchsprogramm hochstehender Persönlichkeiten einbezogen, wie es anlässlich eines fürstlichen Besuchs um 1820 überliefert ist.

Der Hildesheimer Dom um 1900.In der Mitte des 19. Jahrhunderts veranlasste das zunehmende Besucherinteresse die seit der Säkularisation für den Dom zuständige staatliche Baubehörde dazu, im Zuge einer größeren Restaurierungskampagne in der Bischofskirche auch die alte Schatzkammer auf der Südseite des Chores auszubauen. Gefördert wurde das Vorhaben sicher durch die erste im Druck erschienene wissenschaftliche Abhandlung über den Hildesheimer Domschatz von Johann Michael Kratz, einem Hildesheimer Historiker und Privatgelehrten, die 1840 veröffentlicht wurde.

1856 wurden die Hildesheimer Kunstschätze anlässlich der Zusammenkunft der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine erstmals als vaterländische Altertümer in einer Ausstellung gezeigt, die auf Anordnung des kunsthistorisch interessierten Hildesheimer Bischofs Eduard Jakob Wedekin im Dom ermöglicht worden war. Schon im Folgejahr wurde eine repräsentative Auswahl in detaillierten Stahlstichen abgebildet.

Der Tragaltar mit den Greifenklauen.

Der Tragaltar, der von vier als Greifvogelklauen ausgebildeten Füßen getragen wird, stammt aus dem 12. Jahrhundert. Die Reliefs an den Lang- und Schmalseiten wurden aus Walroßzahn angefertigt.

Der Leuchterlöwe wurde vermutlich in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in einer Hildesheimer Werkstatt gefertigt.

Diese Schale aus der Mitte des 15. Jahrhunderts diente zu Spende der Eucharistie, sie wurde als Oblatenschüssel genutzt. Zwar ist die Schüssel für diesen Zweck ungewöhnlich groß, die Umschrift am Rand weist aber ausdrücklich darauf hin, wozu sie verwendet werden sollte.

Der Bernwardkelch.

Der sogenannte Bernwardkelch wurde zwar traditionell mit Bischof Bernward in Verbindung gebracht, er ist aber tatsächlich eine Stiftung Bischof Gerhards (1365 - 1398) für den Dom.

Das sogenannte Armreliquiar des Hl. Gereon.

Das sogenannte Armreliquiar des Hl. Gereon aus St. Mauritius hielt in der naturnah gestalteten Hand einst einen Gegenstand. Die einzigartige Standfläche in Form eines Schildes lässt annehmen, dass das Reliquiar auch liegend präsentiert wurde.

Die Erkanbald-Krümme.

Vermutlich vermachte Bischof Bernward diese Krümme dem Fuldaer Abt Erkanbald als Geschenk zu dessen Weihe. Sie versinnbildlicht im Knauf durch die vier personifizierten Flüsse das Paradies.

Der Bischofsstab des hl. Godehard.

Der Bischofsstab des hl. Godehard ist durch drei Beschläge verziert. Die Krümme endet im Kopf eines Tieres, das in seinem Maul eine Blüte in Form eines Kreuzes hält.

Emailplatten aus dem Hildesheimer Domschatz.

Zwei der insgesamt sechs Emailplatten, die Darstellungen aus dem Leben Christi zeigen. Die Emailplatten befanden sich wohl ursprünglich auf einer Holztafel, die 1898 bei Renovierungsarbeiten in der Krypta hinter der Orgel entdeckt wurde. Die Holztafel selbst ist heute nicht mehr erhalten, möglicherweise handelte es sich um einen Altaraufsatz.

Je deutlicher sich damit die außerordentliche Bedeutung abzeichnete, die der Hildesheimer Domschatz sowohl in künstlerischer wie in historischer Hinsicht für sich beanspruchen konnte, umso dringlicher wurde eine dafür angemessene Art der Präsentation. Längst hatte sich die mittelalterliche Schatzkammer als zu eng erwiesen. So waren nach der Auflösung des Michaelisklosters wesentliche Teile des dortigen Kirchenschatzes dem Domschatz hinzugefügt worden. Auch das Domkapitel selbst hatte durch gezielten Erwerb von Säkularisationsgut aus Privatbesitz und durch Überführung einzelner als museumswürdig erachteter Ausstattungsteile des Doms in die Schatzkammer nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass diese im Laufe der Zeit zu klein wurde. 1884 erfolgte daher die Überführung der Kostbarkeiten aus dem Domchor in eine neue, über der Sakristei erschlossene Schatzkammer. Aus dem „Ornat“ der Bischofskirche war damit eine museale Sammlung ausgegliedert worden. Unter dem Domschatz sollte künftig nur noch dieses Ensemble von Kostbarkeiten verstanden werden.

Im Zweiten Weltkrieg hatte rechtzeitige Auslagerung den Hildesheimer Domschatz vor der Vernichtung bewahrt, als am 22. März 1945 auch der Sakristeitrakt des Doms im Bombenhagel in Schutt und Asche versank. Ab 1960 wurde der Domschatz wieder in einer eigenen Schatzkammer über der Sakristei präsentiert. Als Zeuge einer großen Vergangenheit stand der Domschatz 1962 im Mittelpunkt der zentralen Ausstellung zum 79. Deutschen Katholikentag in Hannover. Seit 1978 bildet er das Herzstück des damals wiedergegründeten Diözesanmuseums. Mit dessen Beständen ist er inzwischen zum Dommuseum Hildesheim verschmolzen.

Bis heute ist die identitätsstiftende Bedeutung dieses einzigartigen Ensembles kirchlicher Ausstattungskunst geblieben. Dem Rechnung zu tragen war das Ziel der vom Domkapitel initiierten Neuaufstellung in unmittelbarer Nachbarschaft zur Bischofskirche, die im Zuge der Domsanierung realisiert werden konnte. Stärker als zuvor kann man nun Dom und Dommuseum wieder als Einheit erleben, die jenen umfassenden und unmittelbaren Zugang zum Verständnis einer hochmittelalterlichen Kirche vermittelt, der für die UNESO ein wesentlicher Grund war, den Hildesheimer Dom mit seinem Domschatz 1985 in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen.