Es ist zu schön, um nicht gesehen zu werden. Aber auch zu wertvoll, um es öffentlich auszustellen: Das Dommuseum hat ein Drachenaquamanile für 1,3 Millionen Euro ersteigert. Um das mittelalterliche Bronzegefäß, das nicht mit bloßen Händen berührt werden darf, ausstellen zu können, fertigte Jonas Fey, Student an der Fakultät Gestaltung der HAWK in Hildesheim, eine Replik an.
In seiner Bachelorthesis untersuchte er, wie im Fall einer Kopie mit den Schäden am Original umzugehen ist und inwieweit es darüber hinaus Sinn ergibt, weitere Duplikate zu anderen Zwecken zu erstellen.
Das knapp 20 Zentimeter hohe Drachenaquamanile aus der Sammlung des Hildesheimer Dommuseums stammt aus dem 12. Jahrhundert. Ursprünglich war es vergoldet und poliert. Im Laufe der Zeit sind leider an dem Objekt Schäden entstanden. Das Aquamanile hat kleine Beulen, Fehlstellen und Schrammen. Feys Ansatz war es, in seiner Bachelorthesis zu prüfen, ob die Drachenaquamanile kopiert werden kann. Gleichzeitig wollte er testen, ob und inwieweit die Beschädigungen korrigiert werden können, um das Gefäß möglichst in den ursprünglichen Zustand zurück zu versetzen. Außerdem setzte er sich damit auseinander, wie man das wertvolle Stück neben der Ausstellung der Replik für die Öffentlichkeit zugänglich kann.
Eine einzigartige Kopie
Dafür gliederte Fey seine Forschungsarbeit in zwei Teile. In der Theorie befasste er sich mit Aquamanilen als solche und prüfte die bekannten Möglichkeiten einer Reproduktion von vergleichbaren Kunstgegenständen. Im zweiten Teil untersuchte der Student digitale Methoden, um die originale Drachenaquamanile zu reproduzieren – mit dem Ziel, eine Replik herzustellen. Dafür erarbeitete er verschiedene Designvarianten, wie die Schäden zu korrigieren sein könnten, um dann die Qualität zu bewerten.
Insgesamt dreimal scannte der Student die Drachenaquamanile, bis er ein zufriedenstellendes Ergebnis in den Händen hielt. Bei der daraus entwickelten Replik handelt es sich um eine einzigartige Kopie, die rein zu Anschauungszwecken im Museum verwendet werden soll, um das wertvolle Original zu schützen und trotzdem ausstellen zu können. „Die exakte fotografische Erfassung und das Erstellen der Eins-zu-Eins-Kopie ist zunächst wissenschaftlich wichtig, denn es ermöglicht das praktische Ausprobieren des Aquamanile als Wassergießgefäß, was beim Original nicht machbar ist. Die jetzt hergestellte galvanisierte Kopie kann zum Betrachten ohne Vitrinenglas und zum Betasten eingesetzt werden. Außerdem gibt es ganz unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten für Produkte in verschiedenen Größen, um das „Lieblingstier“ des Dommuseums noch populärer zu machen“, freut sich Prof. Dr. Claudia Höhl, Direktorin des Dommuseums Hildesheim.
Vorschläge zur Demokratisierung
Doch in dieser Arbeit sollten noch weitere Ideen entwickelt werden. Unter der engen Begleitung seines Prüfers Prof. Hartwig Gerbracht, Koordinator im Kompetenzfeld Metallgestaltung der Fakultät Gestaltung, und des HAWK-Kunststoffexperten Honorarprofessor Bernward Horn entwickelte Fey Vorschläge für Lösungen, wie man das wertvolle Objekt demokratisieren kann. So entwarf Fey neben dem Replikat als weitere Vorschläge einen Anhänger als Schmuck, der sich vor allem an das weibliche Publikum richten könnte. Ein dreidimensionales Scheibenpuzzle, das räumliches Denken fördert, dürfte vor allem Eltern mit Kindern ansprechen. Auch könnte es das Drachenaquamanile als Weingummi geben und für geschäftliche Beziehungen und Sponsorengeschenke ein streng limitiertes Replikat produziert werden. Ob und welche dieser Ideen umgesetzt werden, ist noch nicht entschieden. Fest steht: „Das Projekt zeigt einmal mehr die vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Hildesheimer Kultur- und Bildungseinrichtungen“, erklärt Prof. Dr. Höhl.